NTDs in Stop-Motion: Amanuel besiegt eine Wurmkrankheit

Amanuel ist ein Kämpfer. Der kleine Junge aus Äthiopien hat sich vor acht Wochen mit der Wurmkrankheit Schistosomiasis angesteckt. Mittlerweile ist Amanuel wieder gesund. Doch auf seinem noch langen Lebensweg lungern immer wieder Gefahren, sich erneut anzustecken. Eine kleine fiktive Geschichte, die an ein reales Problem anknüpft und in der Amanuel erstmals auf sein Gespür vertrauen muss.

Dieser Beitrag wurde von Studentinnen und Studenten der Berner Fachhochschule und der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur erstellt. Inhalt, Animation und O-Ton: Martina Petrig.

Schweiz will besseren Zugang zu Heilmitteln sicherstellen

Die Schweiz leistet einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs). Thomas Gass,  Vizedirektor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), griff das Schweizer Engagement in einer Rede in Brüssel auf.


Thomas Gass und Thoko Elphick-Pooley (Geschäftsleiterin Uniting to Combat NTDs) in Brüssel

„Das Recht auf Gesundheit ist kein Luxus – sondern ein Menschenrecht“, äusserte sich DEZA-Vizedirektor Thomas Gass während den Europäischen Entwicklungstagen (EDD) in Brüssel. „Ein Drittel der Menschen, die an vernachlässigten Tropenkrankheiten leiden, erhalten keine Behandlung. Dies weil sie keinen Zugang zu existerenden Heilmitteln haben oder weil es für diese Krankheiten gar keine wirksamen Heilmittel gibt“, so Gass. Die Schweiz setze sich dafür ein, diese unsägliche Situtation zu verbessern.

Als Beispiel für Schweizer Aktivitäten im Bereich NTDs führte Gass die Zusammenarbeit mit den SANTD-Mitgliedern DNDi (Drugs for Neglected Diseases initiative) und FIND (Foundation for Innovative New Diagnostics) auf.

SANTD begrüsst es, dass Schweizer Errungenschaften im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten internationale Aufmerksamkheit erhalten. Im Bereich Forschung und Entwicklung leistet die Schweiz einen wichtigen Beitrag zu dieser globalen Herausforderung. Gleichzeitig muss das Schweizer Engagement noch weiter ausgebaut werden, um den entscheidenen Schritt weiterzukommen. In dieser Hinsicht freut sich SANTD über die Aussage von Thomas Gass, dass „die Forschung über die Entwicklung von Heilmitteln hinausgehen und in sektorübergreifende Massnahmen gegen NTDs einfliessen muss“.

Die vollständige Rede von Thomas Gass in englischer Sprache ist hier verfügbar: https://www.globalcitizen.org/en/content/ntds-switzerland-thomas-gass-brussels/.

Unbezahlbar: Wenn Armut die Gesundheit bestimmt

Armut macht krank. Denn wer mit wenig Geld auskommen muss, setzt die eigene Gesundheit oft an letzter Stelle. Neue Studien zu den Gesundheitsausgaben der privaten Haushalte in Indien und Kamerun zeigen, wie stark die Behandlungskosten von vernachlässigten Tropenkrankheiten arme Menschen finanziell belasten.

Zahlreiche Studien haben bereits bewiesen, dass die Gefahr, krank zu werden – und krank zu bleiben – für einige weitaus grösser ist als für andere. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen dehnt sich die soziale Schere am weitesten auseinander. Trotz diversen kostenlosen, durch den Staat gedeckten Gesundheitsdiensten wird der weitaus grösste Teil der Gesundheitsausgaben durch sogenannte «Out-of-Pocket-Zahlungen» vom Patienten selbst finanziert.

Für armutsbetroffene Menschen bedeuten diese privaten Ausgaben eine schwere finanzielle Bürde. Neueste Studien aus Indien und Kamerun haben die Gesundheitsausgaben für Menschen, die unter den vernachlässigten Tropenkrankheiten Lepra und Podokoniose leiden aus der Sicht der Betroffenen gemessen. Die Ergebnisse sind frappierend und zeigen, dass Ungleichheit beim Zugang zu Gesundheitsversorgung ein durchaus reales Problem ist.

Lepra in Indien – Gesundheitsproblem der Armen

Rund 60% aller weltweiten Lepraerkrankungen stammen aus Indien. Für das indische Gesundheitssystem ist Lepra eines der grössten öffentlichen Gesundheitsprobleme. Lepra ist, wie die meisten vernachlässigten Tropenkrankheiten, eine typische Armutskrankheit und bedeutet für Erkrankte neben sozialer Ausgrenzung auch eine finanzielle Belastung. Erstmals haben indische Gesundheitsexperten die direkten und indirekten Gesundheitskosten aus Sicht der privaten Haushalte untersucht.

In einer vergleichenden Studie wurden die Gesundheitssysteme zweier aneinander angrenzenden Regionen in Westindien auf ihre Zugänglichkeit zu Leprabehandlungen untersucht. Während sechs Monaten wurde dokumentiert, wie Leprapatienten von insgesamt 240 Haushalten mit ihrer Lepraerkrankung umgehen und wie hoch der Selbstbehalt der Behandlungskosten tatsächlich ist.

Die Region bestimmt die Kosten

Die Gesundheitssysteme beider Regionen bieten kostenlose Leprabehandlungen an, unterscheiden sich jedoch in Infrastruktur, Zugänglichkeit, und Qualität der Gesundheitsdienstleistungen sowie in der Höhe der staatlichen Subventionen.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Regionen: Die Patienten in der Region mit weniger Zugang zu öffentlichen Gesundheitseinrichtungen bezahlten rund einen US-Dollar weniger an direkten Kosten (hier Behandlung und Medikamente) als die Region mit dem besser subventionierten Gesundheitssystem.

Genau umgekehrt ist es bei den indirekten Kosten, wie Lohnausfall. Die Patienten aus dem schwächeren Gesundheitssystem bezahlten über 12 US-Dollar für indirekte Kosten, rund 30% mehr als jene aus dem stärkeren Gesundheitssystem. Der Grossteil der Kosten entsteht also nicht durch die Behandlungen und Medikamente, sondern summiert sich aus den Lohnausfällen, die durch die Krankheit und deren Behandlung entstehen.

Je stärker das öffentliche Gesundheitssystem, desto weniger die Belastung

Auf Grund der Ergebnisse schlussfolgerten die Forscher, dass der Zustand des Gesundheitssystems in einem direkten Zusammenhang mit den Gesundheitsausgaben des Patienten steht: Je besser das Gesundheitssystem desto tiefer seien die Out-of-Pocket-Zahlungen.

Zudem habe das Gesundheitssystem verstärkt Einfluss auf das Gesundheitsbewusstsein der Patienten. So suchten Erkrankte in der staatlich benachteiligten Region weniger häufig eine Gesundheitseinrichtung auf. Wenn sie es aber doch taten, fielen die Kosten höher aus, da sie häufig auf die teureren, privaten Gesundheitseinrichtungen ausweichen mussten.

Die Stärkung des Gesundheitssystems führe dazu, dass die Patienten eher die öffentlichen Einrichtungen aufsuchten, wodurch die Kostenlast erheblich reduziert würde.

Quelle: http://journals.plos.org/plosntds/article?id=10.1371/journal.pntd.0006181 Text: Eleni Helbing, FAIRMED

Happy Birthday SANTD!

Die Schweizer Allianz gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten SANTD wird diesen Monat ein Jahr alt. Wir feiern mit der Lancierung einer gemeinsamen Webseite.

Willkommen auf unserem neuen Webauftritt. Die rote Farbe färbt möglicherweise noch ab, aber wir freuen uns schon jetzt über erste Besucherinnen und Besucher. Auf dieser Plattform wollen wir aufzeigen, warum sich 10 sehr unterschiedliche Schweizer Organisationen zum Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (engl. Neglected Tropical Diseases, kurz NTDs) zusammengeschlossen haben.

Über eine Milliarde Menschen leiden an vernachlässigten Tropenkrankheiten. Dennoch kennt diesen Begriff in der Schweiz kaum jemand. Die Geschichte von vernachlässigten Krankheiten ist auch die Geschichte von vernachlässigten Menschen. Diese Menschen will die Schweizer Allianz gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten SANTD sichtbar machen.

Schweiz nimmt Verantwortung wahr

10 Schweizer NGOs, Bildungsinstitute und Pharmafirmen schliessen sich im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten zusammen. Am 20. April wurde in Genf der Verein «Swiss Alliance against Neglected Tropical Diseases» gegründet.

«Niemanden zurücklassen – dieses Motto haben sich die Vereinten Nationen mit den nachhaltigen Entwicklungszielen (engl. «Sustainable Development Goals», kurz SDGs) auf die Fahne geschrieben. Dieses Ziel wird aber nur erreicht, wenn auch die Milliarde Menschen, die weltweit unter vernachlässigten Tropenkrankheiten leiden, Unterstützung bekommen.» Dieser Meinung ist René Stäheli, Geschäftsleiter der Entwicklungsorganisation FAIRMED und Mitbegründer des Vereins «Swiss Alliance against Neglected Tropical Diseases», der am 20. April 2017 in Genf gegründet wurde. Mit dem neu gegründeten Verein vollziehen die 12 Entwicklungsorganisationen, Forschungsinstitute und Unternehmen einen Zusammenschluss im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, erklärt Stäheli. «Jeder siebte Mensch weltweit leidet unter einer oder mehreren vernachlässigten Tropenkrankheiten oder unter deren Folgen. Besonders schwer ist diese Bürde für die ärmsten, verletzlichsten und am meisten abgelegen lebenden Menschen der Welt. Gemeinsam wollen wir diese Menschen besser sichtbar machen und ein starkes Zeichen setzen, um den Kampf gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten voranzutreiben.»

Niemand soll zurückgelassen werden

Millionen von Menschen werden durch vernachlässigte Tropenkrankheiten behindert, stigmatisiert, aus dem Arbeitsleben oder der Schule gerissen, ihrer produktivsten Jahre beraubt. Jedes Jahr sterben weltweit mehr als 170 000 Menschen an diesen Krankheiten. «Unsere Vision ist eine Welt, in der niemand mehr an einer vernachlässigten Tropenkrankheit leiden muss», erklärt Peter Steinmann, Public Health Specialist beim Swiss Tropical and Public Health Institute und Mitglied des Gründungskomitees. «Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Zugang der betroffenen Menschen zu bestehenden und neuen Medikamenten sichergestellt werden.» Zwar haben sich die Programme zur Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten in den letzten Jahren weiterentwickelt, die Datenlage hat sich verbessert, die verschiedenen Werkzeuge wurden besser koordiniert, «um aber den entscheidenden Schritt weiter zu kommen, muss das globale Bewusstsein für vernachlässigte Tropenkrankheiten stärker werden. Es gilt neue und benutzerfreundliche Medikamente, Diagnosetechniken und medizinische Eingriffe zu entwickeln. Zudem muss die riesige Investitionslücke überwunden werden», so Steinmann. «Unser Schulterschluss gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten soll ein Zeichen der Solidarität gegenüber den betroffenen Menschen sein. Wir wollen unseren jahrzehntealten Kampf gegen diese Krankheiten fortsetzen und zur Umsetzung dieser Ziele beitragen. Gemeinsam stehen wir für die Schweizer Verpflichtung, niemanden zurückzulassen.»